Zurück INDEX Nächste

Schallerzeugung

Verschiedene Lauttypen

Delphine und andere Wale sind in der Lage eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen Unterwassertönen und Sonarimpulsen zu erzeugen. 2 Klassen und 3 Typen von Lauten werden unterschieden:

1. Langanhaltende Reintöne

2. Impulslaute a) Klicks,  b) Explosiv-Puls-Laute


1. Langanhaltende Reintöne - Pfiffe

Diese schmalbandigen, frequenzmodulierten und relativ niederfrequenten Laute können einige Sekunden dauern. Ein großteil des Spektrums liegt im Hörbereich des Menschen (20 Hz-20 kHz). Diese Lautart variiert in der Frequenz je nach Spezies und Situation im Bereich zwischen ca. 1000 Hz - 40 kHz bei Zahnwalen und 10 Hz-5000 Hz bei Bartenwalen.

Globicephala Whistle


2. Sehr kurze Breitband-Impulslaute

a) Klicks

Die Hauptenergie wird je nach Spezies und Situation mit Spitzenfrequenzen zwischen 30 und 135 kHz bei Schalldruckspitzenwerten von bis zu 230 dB re 1µP emmitiert. Die Klickdauer liegt im Durchschnitt bei ca. 150 µSek. Die Klicks werden breitbandig gesendet, das heißt, daß im Gegensatz zu Reintönen ein Frequenzgemisch (ähnlich einem Rauschen) kurzzeitig und mit hoher Energie erzeugt wird.

Zahnwale benutzen ihr Sonar fast ununterbrochen. Um ein Objekt zu untersuchen senden sie Salven von Klicks aus, sogenannte "Clicktains".

b) Explosiv-Puls-Laute

Diese Lautgruppe wurde in der Vergangenheit etwas stiefmütterlich behandelt. Die Klänge waren nicht so eindeutig zuzuordnen wie die Pfiffe oder die Klicks. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß diese Lautgruppe eine wichtige Rolle bei der intraspezifischen Kommunikation spielt.

 

Es handelt sich dabei um schnelle Klickfolgen, die für unser Ohr wie Quacken, Jaulen oder Krächzen klingen. Die Impulse werden mit Puls-Frequenzen von ca. 300-800 Hz abgegeben. (schwarzen Bereich vergrößern)


Mögliche Orte der Schallerzeugung

Die Orte der Schallerzeugung, sowie die daran beteiligten Mechanismen, sind nicht endgültig bekannt. Verschiedene Theorien kursieren. Die  beiden wichtigsten sind:
1.Kehlkopftheorie (Purves & Pilleri)
"Schall entsteht im Kehlkopf. Rostrum leitet ihn ins Wasser."
2.Nasalsack-Theorie (Evans & Prescott)
"Schall entsteht im Nasengang hinter der Melone, die ihn ins Wasser leitet."


Die Kehlkopftheorie

Die Kehlkopftheorie betrifft sowohl Barten- als auch Zahnwale. Bei Bartenwalen gilt der Kehlkopf als sehr wahrscheinlicher Ort der Tonerzeugung und auch bei Zahnwalen ist die Benutzung des Kehlkopfes noch nicht ganz ausgeschlossen. Obwohl der Kehlkopf nicht über Stimmbänder verfügt, wäre er theoretisch in der Lage verschiedene Arten von Tönen zu erzeugen.

Der Kehlkopf befindet sich am Ende des Nasengangs. Zwischen ihm und der Lunge liegt noch ein Luftsack. Luft kommt bei geschloßenem Blasloch von der Lunge und passiert zuerst den Luftsack und dann den Kehlkopf. Von da gelangt die Luft in das Nasalsacksystem im oberen Nasengang. Die Luft wird dann aus den Nasalsäcken wieder zurück durch den Kehlkopf in Richtung Lunge gepumpt. So könnte die Luft mehrmals hin und her gepresst werden und dabei immer wieder den Kehlkopf durchstömen.

Ein Blattartiger Fortsatz des Kehlknorpels könnte wie die Metallzunge einer Mundharmonika schwingen und so als Tonquelle fungieren. Der KK ist an einer kräftigen Muskulatur aufgehangen. Durch An- bzw. Entspannung des Systems würde der Ton dann frequenzmoduliert.

Quelle: M.Klima - Handbuch der Säugetiere Europas

Eine andere Theorie, die in erster Linie Bartenwale betrifft besagt, daß an der Tonquelle im Kehlkopf ein universelles Breitband Signal entsteht, das durch eine Reihe von Filtern und Resonatoren (Nasengang) zu einem Tonsignal geformt wird.

Hypothese: Der Kehlkopf scheint der wahrscheinlichste Ort der Lauterzeugung zu sein, weil auch die meisten anderen Säugetiere dort den Schall erzeugen

Viele Forscher schlugen die Kehlkopftheorie vor: Evans & Prescott 1962, Purves 1967, Lilly & Miller 1961, Blevins & Parkins 1973, Schenkkan 1973. Evans & Prescott vermuten nach Lautsimulationsexperimenten an toten Delphinen, daß die Pfiffe im Kehlkopf und die Klicks im Nasalsackbereich erzeugt werden.

Purves 1967 bzw. Purves & Pilleri 1983 lieferten die detaillierteste Theorie:
Töne entstehen durch Vibration des Kehldeckels (Epiglottknorpel) im Bereich der schnabelförmigen Spitze des Kehlkopfes. Über einen Muskel Palatopharyngeal-Muskel), der direkt mit dem Gaumenknochen verbunden ist, wird der Schall auf den Oberkiefer geleitet und gelangt dann durch die Blubberschicht ins Wasser.

Zusammenfassung der Argumente für die Kehlkopftheorie nach Purves & Pilleri:


Versuche zur Lokalisierung der Lautbildung

Um die Lautbildung bei Delphinen besser zu verstehen wurden viele Experimente mit den verschiedensten technischen Methoden durchgeführt. All diese Experimente ergaben Daten, die die Nasalsacktheorie zu stützen scheinen. Klänge scheinen in der Nähe des Nasalverschlußkolbens (Nasal Plug) zu entstehen. Einige Experimente ergaben Daten, die den Kehlkopf als Tonquelle ausschließen.

Alle Forscher beobachteten Bewegungen im Nasalsack System, die mit der Lautbildung einhergingen. Bisher fanden sie keine Bewegungen im Kehlkopf.

All diese Messungen deuten darauf hin, daß der Kehlkopf weder an der Klick-, noch an der Pfiffproduktion beteiligt ist.


Die Nasalsack-Theorie

Obwohl man mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, daß die Tonerzeugung bei Delphinen im Nasalsack System und nicht im Kehlkopf stattfindet, sind die beteiligten Mechanismen noch nicht bekannt.

Eine Vielzahl von Messungen sprechen für die Schallerzeugung in der Nähe der Nasalpassagen. Wenige Zentimeter unter dem Blasloch teilt sich der Nasengang in zwei Luftröhren. Diese umgehen die Speiseröhre. Es gibt keine Verbindung zwischen Luft- und Speiseröhre. Kurz hinter der Gabelung befindet sich in beiden Nasengängen ein System aus je 3 verschiedenen sackartigen Ausbuchtungen des Nasalgangs.  Die Strukturen in den beiden Luftröhren sind identisch aber leicht unsymetrisch aufgebaut. Das hängt mit der unsymetrischen Schädelform zusammen, die alle Zahnwale im Gegensatz zu den Bartenwalen aufweisen. Auch die Tatsache, daß sich beide Nasengänge unterhalb des Blaslochs vereinen ist eine Eigenart der Zahnwale. Bartenwale haben zwei Blaslöcher. Die Nasalsäcke wirken wie Pumpen, die die Luft im Nasengang schnell hin und her bewegen können während das Blasloch geschloßen ist. Der Luftstrom regt dann bestimmte Gewebestrukturen zur Schwingung an. 

Grosser Tümmler - Tursiops t.

Im Vorderkopf des Delphins, zwischen den oberen beiden und dem unteren Nasalsack, befinden sich zwei muskulöse Nasalgang-Verschlüsse (Nasal Plugs), die wie Kolben in den oberen, knöchernen Nasengängen arbeiten. Die beiden Nasal Plugs haben einen Saum aus Bindegewebe. Innerhalb der Nasal Passage befinden sich schlußendlich 6 blind endende Luftsäcke. Die beiden Luftwege (rechter und linker Nasengang) vereinen sich über den Nasal Plugs zur Atemhöhle am Blasloch.

Fazit: Keine der der Theorien ist so schlüssig, daß man sagen könnte: So funktioniert die Lautbildung.


Die Rolle der Melone

Cranfords Simulationen der Schallausbreitung im Delphinkopf sprechen, zumindest bei der Erzeugung von Klicks, für die "Dorsal Bursae" - Theorie. Dieser Bereich der Ausstülpung von Melonengewebe in den oberen Nasengang gilt als sehr wahrscheinlicher Ort der Klickgenerierung. Die Strukturen bewegen sich in Korrelation zu der Klickrate. Die sogenannten "Monkey Lips" werden durch die schnell und mit hohem Druck vorbeiströmende Luft angetrieben. Die direkte Verbindung zum Melonengewebe begünstigt die energieeffiziente Übertragung der Schwingungen auf die schallfokussierende Melone.

Quelle: Whitlow W.L. Au - The Sonar of Dolphins

Das Profil der Melone allein kann die starke Fokussierung des Sonarrichtstrahls nicht ausreichend erklären. Die knöchernen Strukturen des Kiefers und des Schädels sowie die Luftsäcke im Nasengang unterstützen die Fokussierung der Schallenergie als Reflektoren mit Richtwirkung nach vorne.

Die Vestibular Säcke reflektieren die nach oben gerichteten Schallanteile, der Schädelknochen und die Nasalpassage reflektieren rückwärts gerichtete Schallanteile und die Prämaxillar Säcke sowie der Oberkiefer die nach unten gerichteten Anteile.

Das Melonenfett auch "Akustisches Gewebe" genannt bewirkt eine Schallgeschwindigkeitsänderung innerhalb der Melone, ein Effekt, der ebenfalls zur Fokussierung der Schallwellen beiträgt. Ein Kern mit geringer Geschwindigkeit ist von einer Hülle mit höherer Geschwindigkeit umgeben. Der Kern besteht aus einem durchsichtigen, öligen Fett, umgeben von dichterem Blubber, das nahe der Körperoberfläche stark mit Bindegewebsfasern durchsetzt ist. Solch ein Geschwindigkeitsprofil könnte wie ein Klangkanal funktionieren, der bewirkt, daß der Schall, der sich im Melonenkern fortpflanzt, vorzugsweise nach Innen hin bricht. Die Schallgeschwindigkeitsstruktur würde ebenso eine schrittweise Impedanzanpassung von der Nasal Plug Region zum Wasser hin unterstützen.

Grosser Tümmler - Tursiops t.

Schallgeschwindigkeit Region
C1 = 1235 m/s Melonenkern mit niedriger Dichte
C2 = 1313 m/s äußere Melone
C3 = 1265 m/s Bodenbereich der Melone
C4 = 1400 m/s Blubberschicht an der Körperoberfläche
C5 = 1500 m/s Schallgeschwindigkeit in Wasser

Die Vorstellung der Melonenfunktion als akustische Linse wird grob gezeigt duch die Verwendung von Strahlenzeichnungen aufgrund des "Snell-Gesetzes". Dazu unterteilen wir die Melone in vier Bereiche mit als konstant angenommener Schallgeschwindigkeit(C1-C4).

Die Schallgeschwindigkeits- und die Dichtestruktur (Dichte Verteilung) der Melone zeigt eine besondere Impedanzverteilung, die von tief im Inneren der Melone nach außen zur Oberfläche hin kontinuierlich anwächst. Solch eine Impedanzänderung neigt dazu die internen Reflexionen zu minimieren, wenn ein akustisches Signal die Melone durchläuft. Die Melone stellt sich also tatsächlich als akustische Anpassungvorrichtung mit spitz zulaufendem Impedanzprofil dar, das die Koppelung der vom "Dorsal Bursae"-Bereich ausgehenden akustischen Energie ins Wasser verbessert.

(Beluga - Delphinapterus leucas)

Grosser Tümmler - Tursiops t.

Das Echolot ist den Delphinen nicht angeboren. Delphinjunge müssen die Benutzung des Sonars erlernen. Die Melone ist erst im Erwachsenenalter voll ausbildet. Es ist wichtig die richtige Frequenz zu wählen, damit ein Objekt bestmöglich erkennbar wird.

Delphine benutzen mitunter sehr hohe Frequenzen (200 kHz und mehr) um eine feine Auflösung zu erreichen. So zum Beispiel die fast blinden Flußdelphine, die auf ein gut funktionierendes Sonar angewiesen sind um ihre Beute im trüben Flußwasser des Amazonas, des Ganges oder des Yang Tze zu finden. Mit ihren bis zu 260 kHz Abtastfrequenz erkennen sie noch auf mehrere Meter Entfernung Objekte von 5,7 mm Größe.

Melonenwachstum beim Beluga-Weißwal

(Beluga - Delphinapterus leucas)

Die höchsten Frequenzen werden entlang der Körperachse erreicht. Nach außen hin nimmt die Auflösung ab. Deshalb bewegen Delphine oft den Kopf hin und her wenn sie Objekte genauer untersuchen: sie tasten dann mit ihrer feinsten Auflösung Details ab.  Doch nicht immer sind hohe Frequenzen günstig. Tiefe Töne pflanzen sich in Wasser leichter also weiter fort als hohe. Das ist gut für große Objekte die weit entfernt sind.

Auch die benutzte Klickwiederholungsrate ist von Wichtigkeit. Die sehr lauten Klicks müssen so gesendet werden, daß die leisen, zurückkommenden Echos nicht überlagert werden.


Zusammenfassung

BACK

INDEX FORWARD

Literaturliste


Einleitung    Schallempfang    Schallerzeugung    Tonbeispiele


ULISSES HOMEPAGE
www.ulisses.de


Ulrich Reinartz - Web Design © 1999-2000
ticeti Bartenwale Bartenwal Physeter Pottwal catodon macrocephalus Pottwale Tursiops truncatus Balaenoptera Blauwal Orcinus orca Orka Schwertwal Delphinidae Ulrich Reinartz Berlin Gehör Melone dorsal bursae Cochlea Haarzelle Basilarmembran Innenohr Kehlkopf Nasal bulla tympanica Globicephala Pilotwal Sound Tonerzeugung Schallproduktion Sonar Biosonar BioSonar Echolot Delphinsonar Pottwalsonar Delphinsprache